Während der Berufsausbildung ins Ausland. Ein Leitfaden für auslandsinteressierte Auszubildende

Eine Zeit lang ins Ausland zu gehen, davon träumen viele Jugendliche. Doch während der Auslandsaufenthalt für Studierende schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist, erscheinen die organisatorischen Hemmnisse für auslandsinteressierte Lehrlinge ungleich größer.

Dabei hat sich viel getan – die Internationalisierung der Berufsbildung genießt hohe Priorität bei Bildungsverantwortlichen. So startete im Frühjahr 2009 beispielsweise ein bundesweites Mobilitätsberatungsprojekt, das aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wird. In knapp 40 Kammern bundesweit stehen Auszubildenden und jungen Beschäftigten, aber auch Betrieben und Berufsschulen Mobilitätsberater als Ansprechpartner zur Verfügung. Der Bedarf an Beratung ist groß: Die Planung eines Auslandsaufenthalts erfordert viel Zeit und organisatorisches Geschick.

Offene Fragen gibt es viele, einige davon sollen im Folgenden beantwortet werden, um interessierten Auszubildenden und Berufsanfängern eine erste Orientierungshilfe bei der Planung eines Auslandsaufenthalts zu geben.

Was ist ein Auslandsaufenthalt?

Im Berufsbildungsgesetz (BBiG) ist festgelegt, dass bis zu ein Viertel der Ausbildungszeit im Ausland verbracht werden kann. Ob Praktika, spezielle Weiterbildungsprogramme oder ganze Ausbildungsabschnitte in ausländischen Unternehmen – alles ist möglich. Der heimische Ausbildungsbetrieb muss einem Auslandsaufenthalt jedoch zustimmen.

Wann ist der beste Zeitpunkt für einen Auslandsaufenthalt?

Ein Auslandspraktikum ist jederzeit möglich, empfohlen wird der Zeitpunkt unmittelbar nach der Zwischenprüfung. Die Mindestdauer für Aufenthalte, die aus europäischen Mitteln gefördert werden, beträgt drei Wochen.

Was sind die Ziele eines Auslandsaufenthalts und welche Inhalte werden vermittelt?

Mobile Auszubildende bauen nicht allein ihre Fremdsprachenkenntnisse aus und erwerben interkulturelle Kompetenzen. Sie verbessern auch ihre Fachkenntnisse und erlangen Informationen über einen ausländischen Markt und seine Unternehmenskultur. Der Aufenthalt im Ausland muss dem individuellen Ausbildungsziel dienen. Vor allem bei längeren Aufenthalten sollten die im Ausland vermittelten Inhalte im Wesentlichen dem entsprechen, was Gegenstand der deutschen Ausbildung ist.

Was ist mit der Berufsschule?

Auszubildende müssen für die Zeit des Auslandsaufenthalts bei ihrem Berufskolleg eine Befreiung von der Berufsschulpflicht beantragen. Während sie im Ausland sind, brauchen sie keine vergleichbare Berufsschule zu besuchen. Sie können die Zeit ausschließlich im Betrieb verbringen. Wieder in Deutschland, müssen sie den versäumten Schulstoff selbstständig nachholen.

In welchen Ländern kann ein Auslandsaufenthalt durchgeführt werden?

Grundsätzlich ist ein Auslandsaufenthalt weltweit möglich. Bestimmte Förderprogramme, beispielsweise das europäische Programm LEONARDO DA VINCI, gelten allerdings nur für Mitgliedsländer der EU und den Europäischen Wirtschaftsraum. Ganz gleich wohin die Reise geht, eine interkulturelle Vorbereitung ist immer notwendig! Je besser man ein Land und seine Menschen versteht, desto reicher sind die beruflichen und persönlichen Erfahrungen.

Wie gut muss man die Landessprache beherrschen?

Grundkenntnisse der jeweiligen Landessprache sind immer von Vorteil. Für eine erfolgreiche Mitarbeit im ausländischen Betrieb reicht im Regelfall die Kompetenzstufe B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GER) für Sprachen aus. Dies kann nach Branche variieren. Eine Anleitung zur Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse gemäß den Kompetenzstufen gibt es unter folgendem Link: www.europass-info.de/de/media/raster-zur-selbstbeurteilung.pdf. Gute Kenntnisse der Brückensprache Englisch sind außerdem hilfreich.

Wie findet man einen Partner im Ausland?

Am zeitaufwendigsten bei der Organisation eines Auslandsaufenthalts ist die Suche nach einem zuverlässigen Partner, meist ein Unternehmen, das den Auszubildenden aufnimmt und betreut. Tochtergesellschaften im Ausland, private Kontakte zu ausländischen Unternehmen, die Auslandshandelskammern (AHKs), Branchenverbände, Städtepartner, deutsch-ausländische Unternehmensverbände, die Agenturen für Arbeit und die zuständigen Kammern helfen bei der Suche nach einem betrieblichen Partner im Ausland.

Wer trägt die Kosten?

Der Ausbildungsvertrag wird während des Auslandsaufenthalts nicht ausgesetzt – der deutsche Betrieb muss die Ausbildungsvergütung daher weiterzahlen. Es ist möglich, mit dem aufnehmenden Unternehmen eine Beteiligung an der Ausbildungsvergütung zu vereinbaren. Mit den Lehrlingen kann im gegenseitigen Einvernehmen die Übernahme eines Eigenanteils abgesprochen werden. Finanzielle Unterstützung für Auslandsaufenthalte, wie beispielsweise einen Zuschuss zu Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung, bieten eine Reihe von nationalen und europäischen Förderprogrammen. Sie decken im Regelfall aber nicht die Gesamtkosten eines Auslandsaufenthalts ab. Informationen zum Programm LEONARDO DA VINCI können hier eingesehen werden: www.na-bibb.de/leonardo_da_vinci_3.html.

Unterstützung bei Planung, Organisation und Durchführung eines Auslandsaufenthalts erhalten Auszubildende bei den für sie zuständigen Wirtschaftskammern. Viele Kammern, wie beispielsweise die grenznahen in Aachen, engagieren sich seit vielen Jahren für eine Internationalisierung der Berufsausbildung und fördern die grenzüberschreitende Mobilität.

Sowohl die Handwerkskammer als auch die Industrie- und Handelskammer in Aachen haben – wie viele andere Kammern im Bundesgebiet – je eine Mobilitätsberaterin eingestellt, die über die Möglichkeiten von Auslandsaufenthalten in der Berufsausbildung informiert. Das Angebot beider Häuser steht größtenteils Interessierten aus ganz Deutschland offen. Es umfasst Aus- und Weiterbildungsprogramme im europäischen Ausland wie zum Beispiel die bidiplomierte kaufmännische Ausbildung in Paris, Weiterbildungsseminare für kaufmännische Auszubildende in London, die Tridiplomierung im Bereich KFZ-Mechatronik und euregionale Zusatzqualifikationen wie die Euregio-Kompetenz oder den Europaassistenten im Handwerk.

Nähere Informationen zu den verschiedenen Angeboten finden sich auf den Internetseiten der beiden Kammern. Interessierte Jugendliche können sich außerdem direkt mit den Mobilitätsberaterinnen in Verbindung setzen.

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