Ein Studium im EU-Neuland Slowenien ist unter deutschen Studierenden noch eher eine Seltenheit. Denn Sloweniens Hochschullandschaft ist relativ unbekannt. Die beiden traditionellen Universitäten in der Hauptstadt Ljubljana sowie in der zweitgrößten Stadt Maribor und eine neu gegründete Universität in der Hafenstadt Koper ziehen bislang nur wenige ausländische Studierende an. Beispiel Maribor: An der dortigen Universität stehen rund 120 Gaststudenten den über 14.000 slowenischen Kommilitonen gegenüber.
Im sozialistischen Jugoslawien war Slowenien die wirtschaftlich wohlhabendste Teilrepublik. Mit dem Tod Titos 1980 begann jedoch auch hier der Niedergang und auch in Slowenien entstanden Gruppen, die die Unabhängigkeit anstrebten. Bei einem Volksentscheid sprachen sich 88% der Bevölkerung für die Unabhängigkeit Sloweniens von Jugoslawien aus. Die neue Verfassung der unabhängigen Republik Slowenien wurde Ende 1991 verabschiedet. Die völkerrechtliche Anerkennung, unterstützt vor allem von Deutschland und Österreich, wurde am 15. Januar 1992 von allen EG-Staaten ausgesprochen. Seit dem hat sich Slowenien an Westeuropa orientiert, immer mit dem Ziel der europäischen Staatengemeinschaft beitreten zu können. Dieses Ziel vor Augen wurde auch das Hochschulsystem mehr und mehr an internationale Standards herangeführt.
Gründe für ein Studium in Slowenien
Wer sich für ein Studium in Slowenien entscheidet, wird die Wahl für das kleine Land mit seinen 300.000 Einwohnern nicht bereuen. Die verhältnismäßig junge Demokratie bietet gerade für Studenten, die sich mit Transformationsproblemen und -erfolgen beschäftigen, ein weites Forschungsfeld. Nicht nur die Universitäten haben einen guten Ruf und oft eine sehr familiäre Atmosphäre, auch außerhalb der Universitäten gibt es viel zu erleben, wie etwa das abwechslungsreiche Kulturangebot in der Hauptstadt Ljubljana oder die Urlaubsatmosphäre in der Hafenstadt Koper.
Studiensystem und Abschlüsse
Das Studium an einer Universität dauert in Slowenien in der Regel fünf bis sechs Jahre, wobei im fünften oder sechsten Jahr die Diplomarbeit angefertigt und erfolgreich verteidigt werden muss. Im Anschluss daran bekommen die Studenten den Diplomtitel mit berufsbezeichnendem Zusatz verliehen. Ein möglicher Titel wäre also z.B. diplomirani inženir (Diplom-Ingenieur). Insgesamt bietet das Studium wenige Wahlmöglichkeiten und ist straff organisiert. Die Diplomstudiengänge sind in berufsorientierte und wissenschaftlich-akademische Studiengänge unterteilt. Letztere werden sowohl an den geisteswissenschaftlichen als auch an medizinisch-pharmazeutischen Fakultäten angeboten
Mit Erlangung des ersten akademischen Grades, des Diploms, steht der Weg für die postgradualen Studiengänge offen. Die verschiedenen Abschlüsse heißen specializacija (Spezialisierung in …), magisterij (der Magisterabschluss ist in Slowenien ein postgradualer Titel und kann nicht mit dem ersten Abschluss erreicht werden) und doktorat znanosti (Doktor der Wissenschaften).
Um mit dem Studium zum specialist beginnen zu können, ist ein erster Hochschulabschluss die Voraussetzung. Das Studium dauert ein bis zwei Jahre und endet mit der Verteidigung der anzufertigenden Abschlussarbeit. Mit dem Titel specialist, der vorwiegend in berufsorientierten Fachbereichen vergeben wird, kann man entweder in seinem Fachgebiet direkt in das Berufsleben eintreten oder das Studium zum magisterij weiterführen. Um sofort das Studium zum magisterij antreten zu dürfen, muss man nach dem Diplom noch eine Arbeit schreiben und Lehrveranstaltungen besuchen. Genau wie für das specialist-Studium gilt auch hier, dass der Magisterabschluss entweder zu einem direkten Eintritt in das Berufsleben oder zu dem Studium der doktorat znanosti führen kann. Das Promotionsstudium dauert weitere zwei Jahre und endet ebenfalls mit der Anfertigung und Verteidigung der Doktorarbeit. Eine Promotion ohne den Magisterabschluss ist bislang noch nicht möglich. Über eine Veränderung wird jedoch nachgedacht, vor allem deshalb, weil die aktuelle Regelung dafür sorgt, dass man mindestens acht Jahre studieren muss, bevor man promovieren kann.
Da die Fakultäten viel selbständiger sind als es in Deutschland meist der Fall ist, kooperieren sie sehr wenig miteinander. Das bedeutet, dass sich Studenten in der Regel nicht einfach in andere Lehrveranstaltungen setzen dürfen. Oft besteht diese Abschottung nicht nur zwischen den einzelnen Fakultäten, sondern sogar innerhalb einer Fakultät zwischen den einzelnen Fachbereichen. Für die bislang wenigen ausländischen Studenten gilt der Grundsatz der strikten Trennung nicht.
Vollstudium und Teilstudium
Auch in Slowenien gibt es die Möglichkeit, entweder das komplette Studium, ein oder zwei Semester oder auch nur einen Sprachkurs zu absolvieren. Bevor man diese Entscheidung trifft, sollte man sich vor Augen führen, was der Nutzen des Auslandsaufenthaltes sein sollte: Möchte man lediglich ein wenig Auslandserfahrung sammeln oder ist das Ziel, am Ende des Aufenthaltes ein Kenner, ein Insider des Landes zu sein. Egal für welche Variante man sich entscheidet, die grundlegende Voraussetzung für ein Hochschulstudium in Slowenien ist das Abitur.
Bewerbung
Wer ein Vollstudium in Slowenien absolvieren möchte, muss sich den gleichen Zulassungsbestimmungen stellen, wie die slowenischen Studienbewerber. Für Studienfortsetzer gelten andere Regelungen, die bei den Fakultäten der jeweiligen Hochschule erfragt werden können. Auch für deutsche Studenten sind außerdem Aufnahmeprüfungen an vielen Fakultäten obligatorisch, denn viele Studiengänge an den Universitäten sind überlaufen. Für die Bewerbung an einer Universität müssen vorgelegt werden:
- Abiturzeugnis
- Beglaubigte Kopie des Personalausweises oder Reisepasses
- Immatrikulationsbescheinigung der Heimathochschule
- Bescheinigung der bestandenen Aufnahmeprüfung
- Bescheinigung des bestandenen Sprachtests
- Ausgefülltes Bewerbungsformular (ein Vordruck kann auf den Internetseiten der Universität Ljubljana (http://www.vpis.uni-lj.si) und der Universität Maribor (http://www.uni-mb.si) herunter geladen werden.)
Wer sich bis Mitte März für ein Auslandsemester beworben hat, bekommt vom Higher Education Application-Information Service eine Infobroschüre zugesandt, in dem wichtige und interessante Informationen für das Studium enthalten sind. Außerdem wird jedem Studenten mitgeteilt, ob seine Bewerbung vollständig ist und was gegebenenfalls noch nachgereicht werden muss.
Sprachkenntnisse
Wer in Slowenien studieren möchte, muss neben den allgemeinen Voraussetzungen auch die Sprache bzw. die Grundkenntnisse der Sprache beherrschen. An den Hochschulen in Slowenien werden alle Vorlesungen und Seminare in slowenischer Sprache gehalten; eine Ausnahme bieten lediglich die Vorlesungen und Seminare in den Philologien, die zumeist in der betreffenden Sprache gehalten werden. Daneben gibt es auch noch komplette Studiengänge in englischer Sprache, wie etwa an der Wirtschaftsfakultät der Universität Ljubljana. Wo man die Sprache erlernt hat, spielt keine Rolle. Jedoch muss man in der Lage sein, den Sprachtest abzulegen, der vor Beginn des Semesters stattfindet. Beispielsweise gibt es die Möglichkeit, sich vor Beginn seines Studiums für einen vierwöchigen Intensivsprachkurs in Slowenien anzumelden, der gezielt auf den Sprachtest vorbereitet. Wer also im Oktober sein Studium an einer der drei Hochschulen aufnehmen möchte, muss bis spätestens zum 31. August sein Sprachzertifikat vorlegen. Bis zum 1. Juli kann man sich bewerben, wenn man den Kurs im September beginnen will; wenn man im Januar den Kurs besuchen möchte, muss man sich spätestens bis zum 1. Dezember bewerben.
Zentrum für Slowenisch als Zweit- und Fremdsprache (Centar za slovenščino kot drugi/tuji jezik) an der Universität Ljubljana, Kontaktadresse: center-slo@ff.uni-lj.si
Für Austauschstudenten gibt es kostenlose Sprachkurse. Des Weiteren vergibt das slowenische Schul- und Wissenschaftsministerien Stipendien an ausländische Studierende, die sich in Slowenien ausbilden oder qualifizieren lassen wollen.
Anerkennung von Studienleistungen
Der Beitritt zur EU hat eine gewisse Öffnung der strengen Studienregeln erzwungen, gerade auch im Hinblick auf den Bologna-Prozess. Dies hat auch dazu geführt, dass beispielsweise die Universitäten in Slowenien das European Credit Transfer System (ECTS) eingeführt haben. Dies erleichtert natürlich die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen sowohl innerhalb Sloweniens zwischen den einzelnen Fakultäten, aber natürlich auch zwischen inländischen und ausländischen Hochschulen. Die Studienleistungen werden dann an der deutschen Universität problemlos anerkannt.
Kosten und Finanzierung
Die Studiengebühren in Slowenien variieren von Fakultät zu Fakultät. Die Spanne reicht von 1.500 Euro pro Studienjahr für ein Erststudium in den Geisteswissenschaften über 3.000 Euro in den naturwissenschaftlichen und technischen Fakultäten bis hin zu 6.000 Euro für postgraduierte Studien. Unabhängig an welcher Universität man eingeschrieben ist oder an welcher Fakultät man studiert, die Studiengebühren müssen für ein Jahr im Voraus gezahlt werden. Einige Fakultäten verlangen auch Gebühren für die Ausstellung von Urkunden oder Bescheinigungen. Über die genaue Höhe der Gebühren und weiterer Kosten informieren die Universitäten und Fakultäten. Die Studiengebühren gelten nicht für Stipendiaten.
Lebenshaltungskosten
In Slowenien sind die Lebenshaltungskosten insgesamt nicht geringer als in Deutschland. Für eine Unterkunft sollte man rund 200 Euro monatlich kalkulieren. Hilfe bei der Suche nach einer geeigneten Unterkunft bietet das Büro für internationale Beziehungen an der Universität Ljubljana oder die Auslandsämter der Universitäten. Zimmer in den Studentenwohnheimen kosten rund 150 Euro pro Monat. Ausländische Studierende sollten aber über die Alternative einer Wohngemeinschaft nachdenken, da man sich so schneller in das Leben in Slowenien einfinden kann. Die Preise für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft liegen bei ca. 100 bis 200 Euro pro Monat, die Miete für ein eigenes kleines Appartement betragen rund 150 bis 300 Euro. Die Kosten für Wasser, Elektrizität, Heizung und Telefon sind nicht immer in der Miete enthalten, vor allem nicht bei kleinen Wohnungen, die in den Anzeigen meist ohne Nebenkosten aufgeführt sind. So können noch einmal zusätzliche Kosten von 25-50 Euro pro Monat entstehen. In den meisten Fällen müssen ausländische Studierende die Miete mindestens sechs Monate im Voraus bezahlen. Eine Kaution wird meistens nicht verlangt. Hilfreich bei der Suche können auch folgende Tageszeitungen (besonders für Ljubljana) sein: Oglasnik und Delo (Zeitungen, in denen man selber eine Anzeige aufgeben oder in den Angeboten stöbern kann.)
Visum und Krankenversicherung
Ein Visum ist für deutsche Studenten seit dem 1. Mai 2004 nicht mehr notwendig. Um auch in Slowenien krankenversichert zu sein, sollte man sich bei seiner Krankenkasse die Anspruchsbescheinigung „E 111“ besorgen, die dann in Slowenien zu einer „Bescheinigung über die Inanspruchnahme von Sachleistungen für den ausländischen Versicherten und seine Familienangehörigen“ (Potrdilo o pravici do zdravstvenih storitev za tujega zavarovanca in njegove druzinske clane) berechtigt. Sie erfahren dort auch die Anschriften von öffentlichen medizinischen Einrichtungen und von Vertragsärzten.