Im Gegensatz zu wahrscheinlich den meisten persönlichen Vermutungen musste Kanada im letzten Jahr einen größeren Einbruch hinnehmen, was das Interesse von internationalen Studenten an den dortigen Universitäten betraf. Insgesamt schrieben sich 2003 knapp 33.000 internationale Studenten in Kanada ein, ein Rückgang von 11% im Vergleich zu 2002.
Dies spiegelt sich natürlich auch bei den Zahlen der deutschen Studenten wieder: 2003 entschieden sich etwa 1500 Deutsche, ein Studium in Kanada zu beginnen, 14% weniger als noch 2002. Insgesamt sind in Kanada 1.640.000 Studenten eingeschrieben. Dabei hat Kanada den jungen Leuten eine Menge zu bieten: große Metropolen wechseln sich mit vollkommen unberührter Natur ab. Aufgrund dessen sollte Kanada in den nächsten Jahren doch wieder einen Zuwachs an internationalen Studenten verzeichnen können.
Studiensystem in Kanada
Auf Bundesebene gibt es keine Stelle zur Regelung bildungspolitischer Fragen; die Zuständigkeit liegt bei den Provinzregierungen bzw. Territorien. Dementsprechend verschieden sind die Zulassungsvoraussetzungen, Gebühren und natürlich Studienprogramme der Hochschulen und Colleges – das enorm vielfältige Fächerangebot ist im Grunde eine Wissenschaft für sich, schon deshalb, da die Bildungseinrichtungen selbständig über Inhalte und Bezeichnungen bestimmen. Insofern gilt auch hier: erst detailliert informieren, dann studieren.
Der Student hat die Wahl zwischen 77 staatlichen englischsprachigen Universitäten, 15 französischsprachigen Universitäten im Süden Quebecks, fünf zweisprachigen Universitäten und Colleges sowie 200 Community Colleges. Die typische angloamerikanische Unterteilung in Undergraduate- und Graduate-Studienabschnitte findet sich auch in Kanada.
Die Universities bieten sämtliche Studienmöglichkeiten vom Undergraduate-Studium über den Master-Abschluss bis zum Doktor (PhD) an und verfügen darüber hinaus auch über eigene Forschungseinrichtungen. Dahingegen haben sich die Colleges ursprünglich auf die allgemein gehaltene Undergraduate-Ausbildung spezialisiert, erweitern ihr Angebot mittlerweile auch immer öfter um Studiengänge des vertiefenden Graduate-Levels.
Als „Community Colleges“ wird eine Vielzahl an Bildungseinrichtungen bezeichnet, an denen berufsbezogen studiert werden kann, ein mit dem Universitätsabschluss vergleichbares Examen jedoch nicht möglich ist. Durch die Anrechnung erbrachter Studienleistungen ermöglichen sie vielfach aber den Übergang zur Universität.
Generell gilt: der erste, inhaltlich eher breit angelegte Studienabschnitt – das Undergraduate-Studium – endet je nach Provinz nach drei bis vier Jahren mit dem Erwerb des Bachelor-Grades. Dieser ist bereits berufsqualifizierend und wird insofern auch von den meisten Studierenden als Eintrittskarte ins Arbeitsleben genutzt. Wer sich aber in Bezug auf eine bestimmte Fachrichtung spezialisieren möchte, bleibt noch ein bis zwei weitere Jahre an der Uni und erhält nach Abschluss dieses so genannten Graduate-Programmes den Master-Titel. Der Einstieg in die forschungsorientierten Doctorate-Programme kann je nach Fachbereich nach dem Graduate-Studienabschnitt oder direkt nach Erhalt eines erweiterten Bachelor-Titels, dem Bachelor of Honours, erfolgen.
Aufnahmekriterien für ein Studium in Kanada
Die deutsche Hochschulzugangsberechtigung stellt die Mindestvoraussetzung für eine Zulassung im Undergraduate-Level, also Bachelor Studium an den Colleges und Universitäten dar. An den Community Colleges kann man mit Mittlerer Reife und Lehre allerdings aufgenommen werden und so über diesen Umweg dann durch Wechsel nach 2 Jahren an eine Universität in derselben Zeit (4 Jahre) den Bachelor Abschluss erlangen. Der Zugang zum spezialisierten zweiten Studienabschluss an den Colleges oder Universitäten, dem Master Studium (Graduate-Level) kann je nach Universität die deutsche Zwischenprüfung bzw. das Vordiplom ausreichen, in der Regel ist aber das Diplom bzw. Magister oder das Staatsexamen erforderlich. Die deutschen Bachelor-Abschlüsse werden nicht per se als kanadischer Bachelor anerkannt, sondern es wird eine individuelle Beurteilung der Leistungsnachweise durch jede Hochschule stattfinden, um zu entscheiden, ob eine direkte Aufnahme des Masterstudiums möglich ist. Der deutsche Master wird nicht per se als gleichwertig zu dem amerikanischen Master anerkannt etwa zur Aufnahme eines Ph.D. Studiums.
Bewerbungsprozedur an Universitäten in Kanada
Da die Bewerbung für einen Studiengang an einer kanadischen Hochschule bürokratisch recht aufwendig ist, sollte sie weit im Voraus erfolgen – bei Vollstudiengängen beispielsweise eineinhalb Jahre vor dem geplanten Aufenthalt. Das „admissions office“ entscheidet dann individuell über die üblicherweise zusammen mit dem Bewerbungsformular einzureichenden Tests, Zeugnisse, Empfehlungsschreiben, den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel, das Anschreiben, die Aufsätze und etwaige persönliche Interviews. Die Aufnahmekriterien für Gaststudenten sind aufgrund der fehlenden Abschlussmöglichkeiten etwas weniger streng.
Kosten und Finanzierungen eines Studiums in Kanada
Die Studiengebühren sind um einiges geringer als in den USA, ungefähr 6.000 – 7.000 CAN$ pro Studienjahr muss man als ausländischer Studierender jedoch einkalkulieren. Glücklicherweise stehen sowohl aus Deutschland als auch aus Kanada Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Universitäre Austauschprogramme bieten Teilstipendien an, Auslandsbafög und Bildungskredite vom Bund, Teilstipendien diverser Organisationen wie zum Beispiel des DAAD sowie Stiftungsgelder können ebenso vor finanziellen Mangelerscheinungen schützen wie akademische Stipendien oder Assistenzstellen im kanadischen Ausland selbst.
Anerkennung von Studienleistungen
Allgemeingültige Regelungen zur Anerkennung im Ausland bzw. in Kanada erbrachter Studienleistungen existieren nicht, weshalb man die Studienplanung hinsichtlich der Kurswahl vor dem Kanadaaufenthalt mit dem zuständigen heimischen Prüfungsamt abklären sollte, falls man schon Student ist. Akademische Titel werden von den Kultus- oder Wissenschaftsministerien der Länder bzw. die Landesprüfungsämter in Abhängigkeit von Qualität und Akkreditierung der kanadischen Hochschule anerkannt. Dabei wird der erworbene Grad jedoch nicht umgewandelt, kann nach erfolgreicher Anerkennung aber als Namenszusatz getragen werden. Auch die durch den Bologna Prozess in Europa eingeführte Bachelor- und Master Studiengänge garantieren nicht eine gegenseitige Anerkennung der Studienabschlüsse, da eine unterschiedliche Studiendauer zugrunde liegt.
Visum und Krankenversicherung
Wer als deutscher Student länger als 90 Tage in Kanada bleibt – was im Falle eines universitären Aufenthaltes wohl die Regel bilden dürfte – braucht ein Visum. Gleiches gilt für Sprachkursteilnehmer mit mehr als 18 Wochenstunden. Seit Anfang des Jahres werden Studierende und Forscher aus dem Ausland mit einem Visum ausgestattet, in dem der Aufenthaltszweck – Studium, Austauschprogramm, berufliche Weiterbildung – vermerkt ist.
Hinsichtlich der Krankenversicherung werden von den amerikanischen Hochschulen Versicherungspakete an ausländische Studierende angeboten – eine billigere Alternative stellen allerdings im Inland organisierte Auslandsversicherungen mit hundertprozentiger Kostendeckung dar. Gesetzlich Krankenversicherte sollten eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung abschließen.